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Ernst Neuschul, später Ernest Neuschul und ab 1946 Ernest Norland war ein deutsch-tschechischer Maler. In der Weimarer Republik zählte Neuschul zu den bedeutendsten Vertretern der Neuen Sachlichkeit. Neuschul wollte gegen den Willen seines Vaters ein Studium an der Kunstakademie in Prag aufnehmen, arbeitete aber dann in Prag als Anstreicher und besuchte die Kurse an der Akademie als Externer. Anschließend ging er nach Wien, wo er die k.k. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt besuchte. Der drohenden Einberufung entging er durch Übersiedlung nach Krakau 1916, wo er seine Studien an der Kunstakademie fortsetzte. Er nahm bei dem Jugendstilkünstler Józef Mehoffer Unterricht. 1918 ging Neuschul nach Prag, wo an der Akademie der Bildenden Künste bei Franz Thiele studierte. Im August 1918 begegnete er der holländisch-javanischen Tänzerin Takka-Takka, bürgerlicher Name Lucie Lindemann (1890–1980), die 1922 seine Frau und dann sein wichtigstes Modell wurde. 1919 hatte Neuschul seine erste Einzelausstellung mit 39 Werken in Weinerts Salon, Prag. Gemeinsame Wohnung mit Takka-Takka in Berlin-Charlottenburg. Angeregt von ihr, befasste sich Neuschul mit ostindischem Tanz und schrieb Drehbücher zu Experimentalfilmen mit asiatischen Mythen. Neuschul entwarf Tanzkostüme für seine Frau (Kursaal Luzern). 1922 in Rom erste Einzelausstellung. Ab August 1922 gingen Takka-Takka und Ernest Neuschul unter dem Namen „Yoga-Taro“ (Kenner des Yoga) als javanisches Tänzerpaar auf Tour durch Europa, die USA und Kanada. Er nutzte die Reisen der Tournee zum Zeichnen, Malen, Fotografieren und zu Ausstellungen. Zwischen den Tanzengagements lebten er und Takka-Takka in Paris, Berlin oder Aussig, wo auch Ausstellungen seiner Werke stattfanden. Zur ersten Ausstellung in seiner Heimatstadt erschien ein antisemitischer Artikel gegen seine Arbeiten. Im Januar 1926 fand der letzte Auftritt des Paares im Wintergarten in Berlin statt. Neuschul wurde Mitglied der Novembergruppe in Berlin. Hier machte er die Bekanntschaft mit den Malern Ludwig Meidner und Arthur Segal. 1927 brachte den großen Durchbruch. Er beteiligte sich erfolgreich an acht Ausstellungen, sechs in Berlin. In 48 überlieferten Presseartikeln werden seine Arbeiten gewürdigt. Im selben Jahr erhielt er einen Vertrag bei der Berliner Galerie Neumann-Nierendorf. 1929 wurde er Mitglied im Reichsverband bildender Künstler Deutschlands. 1931 übernahm Neuschul den Lehrstuhl für Zeichnen und Malerei an der Städtischen Kunstschule Charlottenburg. Das Selbstbildnis Der Agitator von 1932 zeigt Neuschul als antifaschistischen Kämpfer. 1933 wurde Neuschul der letzte Vorsitzende der Novembergruppe vor ihrem Verbot. Bei seiner letzten Ausstellung im Februar 1933 im „Haus der Künstler“ in Berlin wurden die ausgestellten Werke beschlagnahmt. Flucht in die Tschechoslowakei. Takka-Takka und seine spätere zweite Frau Christl Bell retteten seine Werke in seinem Berliner Atelier und brachten diese nach Aussig. 1934 heiratete Neuschul seine zweite Frau Christl Bell, eine Malerin und bis 1933 Gemälderestauratorin am Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin (heute Bode-Museum). 1935 erhielt Neuschul eine Einladung des Moskauer Künstlerverbandes nach Moskau. Im September reisten Ernest Neuschul und Christl mit 40 Werken nach Moskau. Gute Kontakte entwickelten sich zu russischen und anderen in Moskau lebenden Künstlern, durch den Club ausländischer Arbeiter. Über seine Einzelausstellung im Museum für Neue Westliche Kunst in Moskau berichtete die Prawda sehr positiv. Er porträtierte Josef Stalin und Georgi Dimitroff. 1936 wurde Neuschul Mitglied des Moskauer Künstlerverbandes und der Gewerkschaft der Sowjetkünstler. Einen Lehrstuhl an der Akademie der Bildenden Künste in Charkow lehnte er ab. Kurz vor Beginn der zweiten Stalinschen Säuberungen erhielt Neuschul von Andrej Bubnow, dem Volkskommissar für Volksbildung und Opfer der Stalinprozesse, den Rat, Moskau zu verlassen. 1937 fand Neuschuls letzte Ausstellung in seiner Heimatstadt statt: Zwei seiner Werke wurden zerschnitten und mit Hakenkreuzen beschmiert. Im November verließ Neuschul Aussig für immer und zog mit seiner Familie nach Prag. Neuschul wurde Mitglied des Oskar-Kokoschka-Klubs und hielt Vorträge über Entartete Kunst. Er porträtierte dreimal den Staatspräsidenten Edvard Beneš. Neuschul stand auf der Schwarzen Liste der Nazis; von tschechischer Seite drohte ihm als Deutschem die Auslieferung an das „Dritte Reich“. Über Wenzel Jaksch, ein Mitglied der Deutschen Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik (DSAP) und dessen Verbindung zur britischen Labour Party konnte Neuschul die Emigration nach England vorbereiten. Seine Mutter, die wegen seines kranken Bruders Prag nicht verlassen wollte, wurde später mit den in Prag verbliebenen Familienmitgliedern in Auschwitz ermordet. Die Familie lebte zunächst in Mumbles in Wales. Neuschul wurde Mitglied des Freien Deutschen Kulturbundes in England, der Free German Artists Association. 1964 Umzug Nach London. Stilistisch vollzog Neuschul eine Wandlung vom Expressionismus zur Neuen Sachlichkeit. Zunächst waren Frauen sein bevorzugtes Thema, nach und nach fanden immer öfter sozialkritische Themen Eingang in sein Motivspektrum. In Moskau gab man Neuschul allerdings zu verstehen, dass er die Arbeiter nicht in ihrer gegenwärtigen prekären Situation malen sollte, sondern idealisierend, im Stil des Sozialistischen Realismus. Das lehnte er ab. Nach dem Krieg hat er seinen Stil weiter abstrahiert, konnte aber wie auch andere Emigranten, die Deutschland für immer verlassen hatten, wie z. B. George Grosz, nicht mehr an alte Erfolge anknüpfen.
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